Dublin-Überstellungen
Die Dublin-Verordnung regelt, welcher der europäischen Staaten für einen Asylantrag zuständig ist. Dafür gibt eine ganze Reihe von Kriterien. Meist ist für die Prüfung des Asylantrages jedoch der Staat zuständig, in dem der Flüchtling das Territorium der Dublin-Mitgliedstaaten (neben den EU-Staaten sind das noch Norwegen und die Schweiz) betreten hat bzw. in dem er zum ersten Mal registriert wurde.
In diesen für die Durchführung des Asylverfahrens als zuständig erachteten Staat sollen die Betroffenen dann auf der Grundlage des Dublin-Systems zurückgeschoben werden. Schon aus geographischer Sicht sind das häufig die Länder an den äußeren Süd- oder Ostgrenzen Europas – und in jenen Staaten sind Flüchtlinge häufig schwierigen bis katastrophalen Lebensbedingungen ausgesetzt. Viele Betroffene haben daher große Angst vor einer Dublin-Überstellung.
Zum Thema des Dublin-Verfahrens und möglicher Abschiebungen im Rahmen dieses Systems sind eine Reihe von Publikationen zur Information von Betroffenen und Beratenden erschienen – der folgende Beitrag versucht einen Überblick zu geben – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Wichtiger Hinweis: Die Lektüre der folgenden Materialien allein qualifiziert nicht zu einer ausreichenden Beratung! Die beim Dublin-Verfahren zu beachtenden Rechtsfragen und Fristen sind komplex und es ist möglich, dass etwa das Einlegen eines Rechtsmittels nicht in jedem Fall sinnvoll und im Sinne der Betroffenen ist. Daher sollte bei drohender Abschiebung aufgrund kurzer Fristen schnellstens eine Asylberatungsstelle konsultiert und eventuell ein Rechtsbeistand hinzugezogen werden. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es immer wieder zu rechtlichen und verfahrenstechnischen Änderungen kommt.
Basisinformation des Informationsverbunds Asyl & Migration
Für einen ersten Überblick bestens geeignet: Die „Basisinformation für die Beratungspraxis Nr. 2“ des Informationsverbunds. Was ist das Dublin-Verfahren? Wie läuft das Dublin-Verfahren in Deutschland ab? Wie geht es danach weiter?
→ Basisinformationen Nr.2: Das »Dublin-Verfahren« - Hintergrund, Ablauf, Fallbeispiele, weiterführende Informationen Überarbeitet Juni 2021
"Erste Hilfe gegen Dublin-Abschiebungen" von Pro Asyl
Was ist zu tun bei einer drohenden Dublin-Abschiebung? Der Ratgeber von Pro Asyl mit dem Titel „Erste Hilfe gegen Dublin-Abschiebungen“ schildert die Problematik des Dublin-Systems und bietet „erste Hilfe“.
→ Broschüre »Erste Hilfe gegen Dublin-Abschiebungen - Basiswissen und Tipps für die Einzelfallarbeit«
Leitfaden des Flüchtlingsrats Niedersachsen
Knapp, präzise und zugleich detailliert ist der „Leitfaden für Flüchtlinge“ des Flüchtlingsrats Niedersachsen. Dabei ist er allerdings auch eher juristisch formuliert. Die wichtigste Empfehlung: "Wenn Sie aufgrund Ihres Fluchtwegs oder eines ausgestellten Visums befürchten müssen, einen Dublin III-Bescheid zu erhalten, sollten Sie sich umgehend an einen Anwalt oder eine Anwältin wenden!"
→ Kapitel 4.1 „Unzulässiger Asylantrag - die Dublin-III-Verordnung“
→ Kapitel 18.2 „Flüchtlinge im Dublin-Verfahren“
Wie eine Dublin-Abschiebung verhindern? - Informationen von Welcome to Europe
Das Netzwerk "Welcome to Europe" bietet Informationen für Betroffene des Dublin-Systems zu verschiedenen EU-Staaten. Neben allgemeinen Informationen steht ein Überblick zur Verfügung, wie im konkreten Fall gegen eine drohende Abschiebung vorgegangen werden kann.
→ Merkblatt: Wie Dublin-Abschiebungen verhindern?
→ English Version: How to stop Dublin deportations?
Das Persönliche Gespräch im Dublin-III-Verfahren – Informationen zur Vorbereitung
Art. 5 der Dublin III-Verordnung sieht ein persönliches Gespräch bei der Behörde zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats vor. Dabei ist den Betroffenen auch die Möglichkeit einzuräumen, die Gründe vorzubringen, die gegen die Überstellung in ein anderes europäisches Land sprechen können. Wie sich die Betroffenen auf dieses Gespräch vorbereiten können, erfahren Sie hier:
Berichte zur Lebenssituation von Flüchtlingen in den Mitgliedsstaaten des Dublin-Systems
In manchen Mitgliedstaaten des Dublin-Systems sind die Lebensbedingungen für Flüchtlinge schwierig bis katastrophal. Das gilt häufig für jene Mitgliedstaaten, in denen aus rein geografischen Gründen Schutzsuchende zuerst ankommen – und in die sie auf Grundlage der Dublin-III-Verordnung wieder zurückgeschoben werden sollen. Wer mit Schutzsuchenden arbeitet, denen eine Dublin-Überstellung droht, sollte die wichtigsten Berichte zur Situation der Flüchtlinge in diesen Staaten kennen.
Länderinformationen finden Sie hier in der Datenbank des Informationsverbunds Asyl & Migration sowie bei sowie bei www.ecoi.net. Ergänzend zur Recherche empfohlen: Die Asylum Information Database ("aida") des European Councils for Refugees and Exiles (ECRE)
Kontakte zu Asylberater*innen im Zielstaat der drohenden Überstellung
In der Einzelfallarbeit zu Dublin-Verfahren bedarf es oft transnationaler Kooperation mit Geflüchtetenorganisationen in anderen Ländern. Sehr sinnvoll dafür ist der von ECRE koordinierte Elena-Index – ein immer wieder aktualisiertes umfangreiches Adressverzeichnis mit Institutionen, die Asylsuchende unterstützen. Die jeweils letzte Fassung der PDF des „Elena Index“ finden Sie auf der Website von ECRE.
→ ELENA-Index auf der Website von ECRE
Individuelle Klagebegründung im Dublin-III-Verfahren: Wie verfasst man einen individuellen Erfahrungsbericht?
Eine Klage, die nur mit den allgemeinen Zuständen im Zielstaat der drohenden Dublin-Überführung argumentiert, ist in der Regel nicht ausreichend, um eine Abschiebung zu verhindern. Das Gericht berücksichtigt vornehmlich die individuellen Gründe, die gegen eine Abschiebung sprechen. Deshalb sollten die Betroffenen ihre individuellen Probleme und Schwierigkeiten darstellen, mit denen sie in dem Mitgliedsstaat konfrontiert waren. Das hier verlinkte Merkblatt der Diakonie Kassel erklärt, wie man einen Erfahrungsbericht im Rahmen des Dublin-Verfahrens erstellt. Es liegt auf Deutsch, Englisch, Farsi, Somali, Tigrinia und Arabisch vor.
→ Mehrsprachiges Merkblatt zur Erstellung eines Erfahrungsberichts im Rahmen des Dublin-III-Verfahrens
Für Spezialist*innen: Entscheidungssammlung zu "Dublin-Verfahren" bei asyl.net
Für Profis relevant, aber auch für Laien interessant: Wie entscheiden die Gerichte in Dublin-Verfahren? Sie können in der Datenbank des Integrationsverbund Asyl& Migration entweder nach den wichtigsten Dublin-Entscheidungen suchen. Daneben gibt es zudem eine Sammlung von „Dublin-Entscheidungen“, in der sämtliche Entscheidungen der letzten Zeit, die beim Informationsverbund Asyl und Migration zum Thema „Dublin“ eingegangen sind, aufgeführt sind:
→ Entscheidungssammlung zu "Dublin-Verfahren"
→ Allgemeine Rechtsprechungsdatenbank
Informationen für Schutzsuchende, die in einen Dublin-Staat rücküberstellt werden
Lässt sich eine Rücküberstellung nicht verhindern, benötigen Betroffene zumindest Informationen, wo sie im Zielstaat Unterstützung finden. Dazu liegen mehrere Handreichungen des Raphaelswerks unter dem Motto „Zumindest nicht ohne Information“ vor. Diese enthalten hilfreiche Informationen z. B. zur rechtlichen Situation, dem Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Sozialleistungen sowie Kontakte zu dort bestehenden Beratungs- und Hilfsangeboten. Bislang liegen Handreichungen zur Überstellung nach Italien, Frankreich, Polen, Griechenland, Spanien vor. Weitere sind geplant.
→ Handreichungen auf der Website des Raphaelswerks
Dublin-Überstellungen und Kirchenasyl
Seit dem 1. August 2018 gelten neue Verfahrensregeln beim Kirchenasyl in Dublin-Fällen, die unter bestimmten Bedingungen eine Verlängerung der Überstellungsfrist vorsehen. Diese Verschärfung wird stark kritisiert, da sie die Gewährung von Kirchenasyl erheblich erschwert. Viele Gerichte haben zudem entschieden, dass Personen im Kirchenasyl nicht als "flüchtig" i.S.d. Dublin-Verordnung eingestuft werden können, wenn ihr Aufenthaltsort dem BAMF bekannt ist.
→ Ausführliche Hinweise zu verschärften Verfahrensregeln beim Kirchenasyl
Hinweis zu Vorlageverfahren beim EuGH
Aktuell sind beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere Vorlageverfahren zu offenen Fragen im Rahmen der Dublin-III-Verordnung anhängig. Wenn in hiesigen Dublin-Verfahren die vom EuGH erwarteten Antworten entscheidungserheblich sind, sollte Anwält*innen auf die Aussetzung bis zur Entscheidung des EuGH beziehungsweise auf vorläufigen Rechtsschutz hinarbeiten.